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Von der Doppelmoral

„Abzockerei!“, „Geldmacherei!“, „Ausbeutung der braven Steuerzahler“… Es ist unglaublich, was den Leuten so einfällt, wenn sie sich über das Bussen- und Strafen-System im Strassenverkehr aufregen. Ich hingegen verzweifle vor allem ab dieser Doppelmoral.

Interessanterweise sind jene, die sich wahnsinnig über Geschwindigkeitskontrollen und Parkbussen ärgern können, meist die Gleichen, die unbedingten Gehorsam einfordern. Jene, die wollen, dass die Polizei „hart durchgreift“, wenn an einer Demo oder vor einem Fussballstadion ein paar Deppen die Sicherungen durchgehen. Da fordern sie Recht und Ordnung. Oder natürlich wenn es um böse Ausländer geht. Da muss man auch ganz konsequent sein und nichts durchlassen. Schon klar! Einer ohne Schweizer Pass hat in den Rhein gepinkelt? Ausschaffen, sofort!

Aber wenn es ums Autofahren geht, ist alles anders. „Man“ hat ja schliesslich total gut einschätzen können, dass man mit 100 km/h – statt den erlaubten 50 – niemanden gefährdet. Klar! Und die Busse für das rechtswidrig parkierte Auto neulich… Total überrissen! Abzocke durch den Staat!
Woher kommt diese Doppelmoral? Wieso pochen diese Leute im einen Fall auf „law and order“, klagen über „Kuscheljustiz“ und halten aber Verkehrsvergehen für Kavaliersdelikte und die Strafen dafür als völlig überrissen? Wieso sollte die Polizei, ein Auto, das „nur ganz schnell“ im Park- oder Halteverbot steht, nicht mit einem Strafzettel versehen? Und zu den Temposünden: Der Strassenverkehr fordert alljährlich viele Tote und Verletzte. Wieso hält sich die Verharmlosung dieser Delikte dennoch so hartnäckig?

In dieser Wahrnehmung ist die Freiheit der Autofahrenden offenbar ein höheres Gut. Ich verstehe nicht, wieso.