Es sträuben sich mir noch immer die Nackenhaare, nachdem ich den Artikel über die steigende Nachfrage nach Nannys gelesen habe. Ich kann und will nicht glauben, dass auf einer ganzen Zeitungsseite zum an sich so brandaktuellen Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht ein einziges Mal die Rolle des zweiten Elternteils angesprochen wird. Es geht einzig und allein um «die Mütter»! Es soll mich bitte jemand kneifen und mir sagen, das sei nur ein alter, wieder ausgegrabener Artikel aus den 60er Jahren oder so. Wo sind die Väter in dieser Analyse?
Der eigentliche Tiefpunkt ist für mich dann noch das kurze Interview mit Margrit Stamm: «Wollen Frauen […] voll berufstätige Mütter sein, müssen sie ihre einzigartige Rolle als hingebungsvolle Mutter aufgeben […]. Das […] erfordert einen Perspektivenwechsel von der perfekten Mutter zur lediglich hinreichend guten Mutter.» Was ist mit den berufstätigen Vätern? Sind diese auch «nur hinreichend gut»? Und weiter: Die Nanny-Lösung erlaube es den MÜTTERN, berufstätig zu sein und entlaste sie vom Stress, die Kinder in die Krippe zu bringen und sie dort zu holen. Und wer ermöglicht es dem VATER, berufstätig zu sein? Ist nicht auch ER entlastet, wenn die Kinder nicht pünktlich in der Kita abgeholt werden müssen? Aber auch (zum eigentlichen Thema des Artikels): Bangt nicht auch der VATER um seine Stellung als Bezugsperson, wenn eine Nanny eingestellt wird?
Meiner Meinung nach ist es zwingend, dass 2018 in einer Studie zum Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf beide Elternteile berücksichtigt werden. Und es ist absolut nicht haltbar, als Ausgangspunkt das Bild der «hingebungsvollen» Vollzeit-Mutter jenem der «lediglich ausreichend guten» voll berufstätigen Mutter gegenüberzustellen. Das ist eine Fehlleistung.
*Das Interview war in der Printausgabe dem Artikel beigefügt. Online habe ich es bei der Luzerner Zeitung gefunden.