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Nicht Opfer zu Tätern schreiben!

Leserbrief zum Artikel „Flüchtlinge vertreiben Gäste“
Schweiz am Sonntag vom 27.3.2016, S.22

Ich dachte, ich sähe nicht richtig: „Flüchtlinge vertreiben Gäste“ stand am vergangenen Donnerstag als grosse Überschrift über einem Artikel im Wirtschaftsteil. Ich bin entsetzt von dieser Titelwahl!


Ich verstehe die Sorge, der Tourismus-Branche. Die Schweizer (und anderen) Reiseanbieter, denen der Artikel erstaunlich viel Aufmerksamkeit beimisst, können andere Angebote in den Vordergrund stellen – die Menschen, die vor Ort vom Tourismus leben, trifft der fehlende Umsatz aber natürlich hart. Ihnen gilt meine Sympathie, hat Griechenland doch so schon genug Probleme. Eine Schande ist es, dass das restliche Europa Griechenland nun mit dieser zusätzlichen Herausforderung (auch) noch so alleine lässt.
Zynisch mutet denn auch das abschliessende Zitat eines Reiseanbieters an. Die Brisanz der Flüchtlings-Situation liegt nicht in der gesunkenen Attraktivität eines Reiseziels für Reisebüros!
Der Titel des Artikels ist völlig deplatziert. Die geflüchteten Menschen werden zu Tätern gmacht, denn sie „vertreiben“ andere Menschen. Dabei sind sie es, die aus ihren Ländern, aus ihrer Heimat, aus ihrem alten Leben vertrieben wurden! Daran sollten sich bitte in Zukunft auch die Wirtschafts-JournalistInnen erinnern.
Ich hoffe, dass sich die Schweiz am Sonntag dafür noch entschuldigen wird.